Die Ikonografie erklärt die Symbolik von Kunstwerken. Ohne
Verständnis der Ikonografie bleiben dem Betrachter Inhalt und Aussage eines
Kunstwerks oft verschlossen.
Kenntnisse der Geschichten von Ovid’s „Metamorphosen“ oder Dante’s „Göttlicher
Komödie“ waren dem Bildungsbürgertum
selbstverständlich. Die Naturlehre des Physiologus und die Heiligenlegenden über die Jacobus de
Voragine in der „Legenda Aurea“ berichtet
gehörten zum Allgemeinwissen. Und die Künstler konnten voraussetzen, dass ihr
Publikum zumindest die biblischen Geschichten in allen Details kannten. Mit diesem Hintergrund war es den
Betrachtern von Kunstwerken möglich, die Botschaft (Symbolik) eines Kunstwerkes
richtig zu interpretieren.
Rodin’s Höllentor mag auch ohne, dass man Dantes „Göttliche
Komödie“ gelesen hat, schön anzuschauen sein.
Verstehen wird der Betrachter das Kunstwerk jedoch nur, wenn er den
Inhalt der göttlichen Komödie kennt.
Um die Symbolik von Kunstwerken zu verstehen sind auch heute
Kenntnisse der Ikonografie notwendig. Es mag sein, dass die Schwergewichte der
literarischen Vorlagen sich verschoben haben, doch ohne Wissen um diese
Vorlagen sind Missverständnisse vorgezeichnet.
Die Bronzefigur der
Bremer Stadtmusikanten kann nur richtig gedeutet werden, wenn man die
Geschichte aus den Märchen der Gebrüder Grimm kennt. Bei Unkenntnis des Inhalts
würde man sich über die Anordnung der vier Tierfiguren wundern und nach
irgendwelchen Erklärungen suchen. Vielleicht lobte man auch die Genialität des
Künstlers, wegen dieser aussergewöhnlichen Komposition der vier Tierleiber. Das
mag etwas übertrieben erscheinen, denn das Märchen der „Bremer Stadtmusikanten“
kennt jedes Kind. Aber es veranschaulicht, worum es bei der Ikonografie geht
und warum die Ikonografie der Schlüssel zum Kunstverständnis ist.
Nur wer etwas Ovid’s
Metamorphosen weiss, erkennt dass die hübsche Frau Lea heisst und von
Zeus in der Gestalt eines Schwanes geschwängert wird. Auch hat die Skulptur mit dem stierköpfigen
Mann und der Frau nichts mit Zoophilie
(umgangssprachlich auch Sodomie) zu tun, sondern greift wiederum eine
Geschichte der griechischen Mythologie auf, in der sich Zeus wegen seiner
eifersüchtigen Gattin in einen Stier verwandelte, damit er sich Europa (Tochter
des Königs Agenor) nähern konnte. Auch die Verbindung Europa- Zeus war mit
Kindern gesegnet.
Um die Symbolik der
modernen Kunst zu verstehen, ist dieses Wissen zumindest nicht nachteilig. Darüber
hinaus sollte man heute zusätzlich auch moderne Symbole erkennen und zuordnen
können. So beispielsweise t ypische Gesten von Politikern (Victory Zeichen Churchill’s), Symbole der
Freimaurerei und Portraitdarstellungen von
neuzeitlichen „Stil-Ikonen“.
Nur
wem es gelingt solche Anspielungen in Kunstwerken zu lesen, kann Sie auch
verstehen. Ohne diesem Rüstzeug, wird die Symbolik der Kunst oft gründlich
missverstanden.
Autor: Angelo Steccanella
Autor: Angelo Steccanella
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